Psychother Psychosom Med Psychol 2025; 75(06): 231-238
DOI: 10.1055/a-2562-6761
Originalarbeit

Pädagogisch-therapeutische Wohneinrichtungen für Menschen mit Essstörungen: Eine Befragung zu Betreuungskonzepten, Bewohnerinnen und Ergebnissen

Therapeutic residential facilities for individuals with eating disorders: A survey on care concepts, clientele and outcomes
Monika Haase
1   Jugendhilfe Bethel, von Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
,
Anna Hofer
2   Fakultät Soziale Arbeit, Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut
,
Eva Wunderer
2   Fakultät Soziale Arbeit, Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut
,
Jörn von Wietersheim
3   Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Ulm
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Zusammenfassung

Ziel der Studie

In den letzten Jahren sind in Deutschland zunehmend spezialisierte pädagogisch-therapeutische Wohngemeinschaften für Menschen mit Essstörungen eingerichtet worden. Diese Wohneinrichtungen unterstützen Patient:innen, die eine intensivere Betreuung benötigen und aufgrund der Schwere ihrer Störung mit einer alleinigen ambulanten Psychotherapie nicht zurechtkommen. Die vorliegende Studie untersucht, welche Bewohner:innen in diesen Wohngemeinschaften behandelt werden, welche Maßnahmen dort durchgeführt werden und wie das Ergebnis aus Sicht der Fachkräfte einzuschätzen ist.

Methodik

Über den Bundesfachverband Essstörungen e.V. (BFE) wurden die darin organisierten Wohngemeinschaften angesprochen. 17 Träger von Wohngemeinschaften nahmen teil; Fachkräfte erfassten mithilfe eines Fragebogens wesentliche Daten aller Bewohner:innen, die im Zeitraum eines Jahres entlassen wurden.

Ergebnisse

Die Daten von 101 Bewohnerinnen gingen in die Auswertung ein. Die häufigsten Diagnosen waren Anorexia nervosa (78%) und Bulimia nervosa (18%). Viele der Bewohnerinnen hatten zuvor mehrere Klinikaufenthalte. Das Durchschnittsalter lag bei 21 Jahren (SD: 3,7), 16 Bewohnerinnen waren bei Einzug minderjährig. Die durchschnittliche Wohndauer betrug 17 Monate. Bei den Bewohnerinnen mit Anorexia nervosa stieg der mittlere BMI von 17,5 kg/m² bei Einzug auf 19,4 kg/m² bei Entlassung. Von den Bewohnerinnen mit Bulimia nervosa hatten bei Auszug 73% nach Einschätzung der Fachkräfte keine Essanfälle mehr. Auch in den anderen erhobenen essstörungsspezifischen Symptomen zeigten sich deutliche Verbesserungen in beiden Gruppen. Hinsichtlich der durchgeführten Maßnahmen in den Einrichtungen ergab sich, dass in fast allen Einrichtungen psychotherapeutische und sozialpädagogische Maßnahmen im Einzel- und Gruppensetting sowie bedarfsabhängig Familientherapie und Krisengespräche angeboten werden. Die durchgeführten Angebote werden von den Fachkräften als überwiegend hilfreich für die Bewohnerinnen eingeschätzt.

Schlussfolgerung

Spezialisierte Wohngemeinschaften für Menschen mit Essstörungen können Bewohner:innen auf ihrem Genesungsweg unterstützen und stellen ein wichtiges Behandlungsangebot, insbesondere im Übergang zwischen stationären und rein ambulanten Maßnahmen, dar.

Abstract

Objective

Specialized therapeutic residential communities for individuals with eating disorders have become increasingly common in Germany. These facilities provide intensive care for clients whose disorder is too severe to be managed with outpatient psychotherapy alone. The study explores which residents are treated in these settings, which measures are carried out there and how the result is to be assessed from the perspective of the professionals.

Methods

All residential communities affiliated with the German Federal Association for Eating Disorders (Bundesfachverband Essstörungen e.V. BFE) were invited to participate in the study. Seventeen residential community providers contributed data, which consisted of questionnaires completed by health professionals to collect key information about clients discharged over a one-year period.

Results

Data from 101 clients was analyzed. The majority of clients had been diagnosed with anorexia nervosa (78%), followed by bulimia nervosa (18%). Many clients had been hospitalized multiple times in the past. The mean age was 21 years (SD: 3.7), with 16 residents being minors at admission. The average length of stay was 17 months. Among clients with anorexia nervosa, the mean Body Mass Index (BMI) increased from 17.5 kg/m² at admission to 19.4 kg/m² at discharge. According to the evaluations by the staff, 73% of the clients with bulimia nervosa no longer had any binge eating episodes at the time they were discharged. Other disorder-specific symptoms also notably improved in both groups. Facilities commonly provided psychotherapeutic and socio-pedagogical interventions in individual and group formats, along with family therapy and crisis management as needed. Professionals rated the services as generally helpful for most residents.

Conclusion

Specialized residential communities for individuals with eating disorders play a critical role in supporting recovery, particularly during the transition between inpatient and outpatient care.



Publication History

Received: 08 October 2024

Accepted: 17 March 2025

Article published online:
25 April 2025

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